Linette Delain
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Geschichte - Der Käfig ist geöffnet…
Manchmal waren es die einfachen Dinge des Lebens die einen Unsicher machten. Besonders wenn man so wie ich keine Ahnung von anderen Menschen hatte. Die Welt war schöner und größer geworden. Doch irgendwo versteckt lauerte er immer noch. Meine Schritte lenkten mich zu dem kleinen Brunnen in dem Labyrinth das ich gemeinsam mit Fenria entdeckt hatte. Ich empfand ihn als einen angemessenen Platz wenn man einige Momente alleine sein wollte. Unwillkürlich musste ich auflachen. Ein nervöses Auflachen. War ich es nicht gewesen die vor der Einsamkeit geflohen war? Oh ja… alleine war ich eigentlich lange genug gewesen. Mehr als mein halbes Leben lang. Weitaus mehr. Vielleicht hatte ich ja niemals das Schreiben gelernt. Aber ich konnte mich noch gut erinnern wie Mutter mit mir das zählen geübt hatte. Manchmal waren es kleine weiße Steinchen gewesen. Oder aber andere Dinge die Vater mitgebracht hatte. Vater…
Ich hatte ihn hinter mir gelassen. Zumindest versuchte ich mir immer wieder dies einzureden. Aber er drängte sich immer wieder zurück an die Oberfläche. Genau wie der Sumpf mich nicht zufrieden lassen wollte. Es war als trete man in eines dieser saugenden Sumpflöcher die einen nicht mehr gehen lassen wollten und zufrieden schmatzten sobald sie einen in die Tiefe gezogen hatten. Ich weis bis heute nicht, was Vater so sehr nach Mutters Tot verändert hatte. Ich konnte mich jedoch vage daran erinnern dass es eine Zeit gegeben hatte bevor ich das Haus nicht verlassen durfte. Eine Zeit… bevor sich gut sichtbare Narben auf meinem Rücken ihren Weg gebahnt hatten.
Als meine Hand in das kühle Wasser glitt bahnte sich ein leichtes Schaudern durch meinen Körper und meine Gedanken. Aber vielleicht war es auch der Satz den ich so oft gehört hatte. Der Satz der sich fast tief in meine Seele eingebrandt hatte. Tu das zu was du nutze bist! Aber eben nur fast. Vielleicht hätte ich mich dem Endgültig ergeben wäre dieser eine Abend nicht gekommen. Dieser eine Abend an dem Vater nicht nach Hause gekommen war. Ich konnte mir sehr gut vorstellen wie wütend er gewesen sein musste und hoffte unständig, dass nicht jemand anderes hatte dafür leiden müssen. Aber das hatte ich in Kauf genommen als ich mich an dem Beutel bediente in dem ich wusste das Vater immer einige Drachmen bewahrte. Auch als ich mich aus dem Haus geschlichen hatte… über die Plattformen und schließlich hinaus aus dem Dorf. Die Geräusche des nächtlichen Sumpfes waren erschreckend gewesen. Aber nicht erschreckender als wieder umzudrehen. Vaters Wut war bestimmt furchtbarer als die Gefahren des Sumpfes. Den Rest der Reise hatte ich es irgendwie geschafft alle Ängste auszublenden. Es gab nur das Vorwärts. Nur einen Gedanken. ‚Erreiche die Stadt‘. Alles andere war unwichtig.
Nun war ich in der Stadt. Es war besser als ich mir erträumt hatte. Besser als die Erzählungen der Leute, die ich aus unserem kleinen Haus aufgeschnappt hatte. Und obwohl die Stadt mir im Vergleich zu dem Dorf… das soviel größer ist als das kleine Haus in dem ich eingesperrt war… noch viel riesiger ist. Hier war ich nicht alleine…